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TIPPS Literatur

Dienstag, 12. April 2011

"Mama braucht mich doch!"

Minderjährige Kinder, die pflegen. „Ja gibt’s das denn?“ werde ich immer wieder gefragt. Ja, es gibt sie! Und alleine diese Frage zeigt das große Dilemma pflegender Kinder. Ihre Arbeit wird nicht wahrgenommen. Sie werden meist alleine gelassen.

Obwohl ich seit Jahren pflegebedürftige Menschen zu Hause besuche und dabei natürlich auch Kontakt zu Familien mit Kindern hatte, habe auch ich pflegende Kinder lange nicht gesehen.

Wie konnte mir das als engagierte Pflegeberaterin passieren?

Meist waren die Kinder bei meinen Hausbesuchen in der Schule oder sie wurden von den Eltern ins Zimmer geschickt, um Hausaufgaben zu machen oder zu spielen. Aber habe ich jemals gefragt, ob die Kinder bei der Pflege mithelfen? Nein, wohl nicht.

Ich habe mich in der Beratung auf jene Personen konzentriert, die mir als Hauptpflegepersonen genannt wurden: Gatte oder Gattin, Bruder, Schwester, Vater, Mutter, die Freundin, der Nachbar. Pflegende Kinder habe ich schlichtweg übersehen. Sie wurden mir aber auch kein einziges Mal als Helfende genannt. Ihre Arbeit wurde verschwiegen.

Pflegende Kinder- unsichtbar und alleingelassen
Es war die berührende Reportage „Für Mama tue ich alles“ von Simone Graps, gezeigt vom ZDF im Mai 2010, die mich wachgerüttelt hat. Der Kurzfilm zeigt am Beispiel von zwei betroffenen Familien das Leben pflegender Kinder. Seit diesem Film frage ich bei Hausbesuchen dezidiert nach, ob im Haushalt minderjährige Kinder leben. Außerdem hole ich sie nun, nach Einschätzung der Situation, sogar zum Beratungsgespräch dazu. Ich erlebe dabei Kinder, die sich ihrer Leistung gar nicht bewusst sind, die stolz drauf sind „Mama/ Papa zu helfen“, die glauben immer stark sein zu müssen. Und ich erlebe viel Scham in den Familien. Darf man als gute Mutter/ guter Vater sein Kind mit Pflege belasten? Man müsste doch für das Kind da sein und nicht umgekehrt.

Kinder für Pflegearbeit zu brauchen schmerzt und kratzt am Selbstverständnis als Eltern. Daher soll die Pflegearbeit der Kinder möglichst nicht sichtbar werden. Dazu kommt die Angst der Eltern vor dem Jugendamt, davor dass ihnen die Kinder weggenommen werden. Die meisten betroffenen Familien nehmen wohl auch deshalb keinen ambulanten Pflegedienst in Anspruch.

Wir schaffen das schon?
Aber pflegende Kinder werden auch vom Umfeld alleine gelassen, von LehrerInnen oder von VertreterInnen des Gesundheitssystems.

Die 10 jährige Melissa erzählt etwa in der oben genannten Reportage, wie der Arzt im Krankenhaus sie mit den Worten „Deine Mutter hat nicht mehr lange zu leben“ aufklärte über die Krebserkrankung ihrer alleinerziehenden Mutter. Was soll ein Kind mit so einer Information anfangen?
Ihr 14 jähriger Bruder Michael versucht dann auch stark zu bleiben, beschwichtigt Mutter und Schwester mit den Worten: Wir schaffen das schon“. Der Kloß im Hals verschlägt ihm dabei fast die Sprache.
Und tatsächlich, die beiden Kinder schaffen es „Mama zu helfen“. Sie stehen der krebskranken Mutter bei den Nebenwirkungen der Chemotherapie bei, helfen bei der Körperpflege, führen den Haushalt, geben Trost bei Schmerzen, Rückschlägen, Angst und Verzweiflung. Sie schaffen viel und bleiben selbst alleine – etwa mit ihrer Angst, dass die Mutter sterben könnte.

25.000 Kinder in Österreich – wenig Zeit für Kind-sein und Schule
Wie viele Kinder in Österreich pflegen, kann nur geschätzt werden, es gibt keine Erhebungen. Nicole Ortner legte 2009 die Diplomarbeit „Krebs – was ist das? Young carers kindergerecht informieren“ vor. Sie schätzt für Österreich ungefähr 25.000 pflegende Kinder, sie kümmern sich meist um einen Elternteil der an Krebs, Lähmungen oder Multipler Sklerose leidet, aber auch bei Depressionen, Suchterkrankungen oder Psychosen sind Kinder pflegerisch aktiv.

Etwa 80% der pflegenden Kinder sind schulpflichtig, Betroffene berichten von Konzentrationsproblemen in der Schule, Leistungsabfall und auch davon, dass sie „schon mal zu Hause blieben, wenn es Mama schlecht geht“. Es ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass Pflegearbeit im Kindesalter, neben körperlichen Folgen auch Auswirkungen haben wird auf Bildung und spätere berufliche Möglichkeiten. Aber auch auf die soziale Integration wirkt die Pflegetätigkeit. Betroffene Kinder verzichten zu Gunsten des erkrankten Elternteils in hohem Ausmaß auf Kind-sein, wie Toben und Spielen, auf Freizeit und auf Freundschaften. Sie ziehen sich oft zurück, sind immer für den kranken Elternteil da und isolieren sich.

Pflegende Kinder müssen unterstützt werden!
Das Thema „Pflegende Kinder“ hat den Tabubereich verlassen und wird endlich erkannt – das zeigen einige Radiosendungen in den letzten Monaten ebenso wie Fachartikel.

Einen wichtigen Schritt in diese Richtung geht auch die 2010 gegründete „Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger“. Sie ruft Menschen dazu auf, pflegende Kinder wahrzunehmen und sich an die Interessensgemeinschaft zu wenden. Pflegenden Kindern soll eine Stimme gegeben werden.

Was jetzt rasch folgen sollte, hier ist vor allem die Politik gefordert, ist eine breite Sensibilisierung, etwa bei ÄrztInnen, Pflegepersonen, LehrerInnen und SozialarbeiterInnen. Außerdem muss betroffenen Eltern die Angst genommen werden, damit sie verstärkt ambulante Pflegedienste in Anspruch nehmen und so ihre Kinder entlasten. Es gehören rasch unterstützende Strukturen aufgebaut, etwa kostenlose Nachhilfe, psychologische Begleitung oder eine Hotline für den Notfall.
Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, pflegende Kinder über Soziale Netzwerke wie Facebook zu erreichen. Gekoppelt an eine Homepage mit kindergerechten Informationen zu Krankheiten und Pflege könnte man Information und Austausch bieten und so ihr Alleinsein beenden.

Doch wir müssen nicht warten bis andere etwas tun. Jede/r Einzelne kann einen ersten Schritt tun und pflegende Kinder im Umfeld wahrnehmen. Ganz oben auf deren Wunschliste steht nämlich „jemanden zum Reden zu haben“.

Adressen und Literatur:
Interessensgemeinschaft pflegende Angehörige, office(at)ig-pflege.at, www.ig-pflege.at
Nicole Ortner, „Krebs – was ist das? Young carers kindergerecht informieren“, 2009
„Für Mama tue ich alles“, Reportage der ZDF-Sendereihe „37 Grad“ http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1030184/Fuer-Mama-tue-ich-alles?setTime=39#/beitrag/video/1030184/Fuer-Mama-tue-ich-alles

Der Artikel, verfasst von Sonja Schiff, erschien im April 2011 in der Zeitschrift "daSein" in Vorarlberg..

Mittwoch, 3. März 2010

Reise ins Vergessen - Spiegel Wissen

Der “Spiegel Wissen” Band 1/2010 beschäftigt sich unter dem Titel "Die Reise ins Vergessen" mit dem Thema “Demenz”. Groartige Artikel. Unbedingt kaufen- es lohnt sich!

Das Titelfoto des Bandes stammt von dem Photografen Michael Hagedorn dessen Fotos wir seit einem Jahr auf unserer Homepage zeigen.
Wir gratulieren zu dem Titelfoto!

Dienstag, 21. April 2009

Neue Fachzeitschrift zum Thema DEMENZ

Der deutsche Verlag Vinzentz, bekannt für eine Reihe von großartigen und innovativen Fachzeitungen rund um das Thema Altenpflege, gibt eine neue Zeitung heraus.

Demenz- Das Magazin
Das Magazin zum Phänomen Demenz in seiner ganzen Vielschichtigkeit.

Die Ankündigung klingt vielversprechend:
http://www.altenpflege.vincentz.net/zeitschriften/demenz/

Man darf grespannt sein.

Donnerstag, 19. März 2009

Eine Frau verliert die Zeit

Es ist auffällig. Menschen mit Demenz erobern Kunst und Kultur. Und das ist gut so.
Nach Kirschblüten Hanami- dem großen Film von Hannelore Elsner und Elmar Wepper, finden sich auch zunehmend Literaten, die sich an das Thema Demenz heranwagen, die es schaffen eine ihnen fremde Welt in Worte zu fassen.

Arno Geiger verfasste vor einiger Zeit den Text "Der alte König in seinem Exil" und beschreibt darin die Tragik und die Komik bei der Pflege seines dementen Vaters.
Nachzulesen hier: http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/der_alte_koenig_in_seinem_exil_1.589239.html?printview=true

Gerade eben ist der neue Roman „Aufgetrennte Tage“ (Residenzverlag) von der Salzburger Schriftstellerin Gudrun Seidenauer erschienen.

Es ist ihr, als „wenn sich die Zeit im Kopf zusammenklumpt wie Pech“. Wenn sie einkauft, fällt ihr auf: „Sie stellen dieses Band an der Kassa bestimmt immer schneller.“ Einmal, im Wartezimmer des Arztes, spielt sie mit einem Buben und erkennt: „Die Gewässer in ihrem Kopf und in seinem gleichen einander. Sie fließen spiegelverkehrt.“ Manchmal fühlt sie sich „in einer unsichtbaren Hülle, wie ein feiner Wassernebel ist das oder eine hauchdünne, kugelförmig aufgeblasene Folie um sie herum, die sie beschützt“.

Gudrun Seidenauer stellt ihren neuen Roman am 23.3. um 20 Uhr im Literaturhaus Salzburg vor.
Hier ein Interview mit ihr in den Salzburger Nachrichten vom 19.3.2009: http://search.salzburg.com/articles/3518861

Montag, 23. Februar 2009

Pflegende Angehörige- Literaturempfehlung

Pflegende Angehörige im Mittelpunkt : Studien und Konzepte zur Unterstützung pflegender Angehöriger demenzkranker Menschen.

Elisabeth Seidl ; Sigrid Labenbacher (Hg.)
Wien : Böhlau, 2007. - 293 S.
ISBN 978-3-205-77602-4 / 3-205-77602-X kart. : ca. € 29,90

Die Rezension dazu finden Sie hier:
http://www.biblio.at/literatur/rezensionen/details.html?mednr[0]=bn1029691&katalog=all&anzahl=1

Donnerstag, 6. November 2008

Buchtipp: Verstehende Pflegediagnostik

Heute wollen wir wieder einmal ein Buch empfehlen, dieses Mal ein Fachbuch für die (Alten)Pflege.

Verstehende Pflegediagnostik
von Berta Schrems

Die Grundlagen der Verstehenden Pflegediagnostik sind das Verstehen, der Prozess des Diagnostizierens und Erkenntnisse unterschiedlicher Beschreibungsebenen. Die Autorin stellt in diesem Buch das theoretische Fundament der Verstehenden Pflegediagnostik dar und überführt es in ein Stukturmodell.
Berta Schrems ist bekannt dafür, daß ihr der Transfer pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse in den Pflegealltag wichtig ist. Viele praktische Beispiele zeigen die Möglichkeiten der Umsetzung in die Praxis auf und machen Lust auf Umsetzung.

Berta Schrems hat mit dem neu erschienen Buch aus Sicht von Care.Consulting ein Grundlagenwerk der Pflege vorgelegt, das in keinem Bücherschrank fehlen sollte.
Es bietet Aha-Effekte am laufenden Band….

Zur Autorin:
Mag. Dr. Berta Schrems studierte Soziologie an der Universität in Wien und arbeitete als Personal- und Organisationsentwicklerin. Sie war Professorin für Pflegewissenschaft an der Fachhochschule in Frankfurt am Main. Sie ist freiberuflich tätig als Professorin für Pflegewissenschaft in Lehre, Forschung und Beratung der Pflege sowie in den Bereichen der Personal- und Organisationsentwicklung im Gesundheitswesen.


ISBN: 978-3-7089-0310-1
Facultas-Verlag

Mittwoch, 16. Januar 2008

Dementia Care Mapping

Qualitätsentwicklung in Pflegeeinrichtungen durch Demetia Care Mapping
von Andre Henning, Ruth Schlichting, Maria Zörkler
Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft e.V. (Hrsg.)

In diesem Buch wird eines der ersten in Deutschland durchgeführten Projekte zur Einführung von Dementia Care Mapping vorgestellt. Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem dreijährigen Modellprojekt im Landkreis Marburg-Biedenkopf machen neugierig auf mehr.

ISBN: 3-935084-22-6

Donnerstag, 25. Januar 2007

Frauen über 50, Ute Karen Seggelke, Gerstenberg Verlag

Wohl zum ersten Mal in der Geschichte gibt es eine Generation von Frauen, die glauben, die beste Zeit ihres Lebens habe gerade erst begonnen. Ute Karen Seggelke hat 27 Frauen fotografiert und ihnen Fragen gestellt.

Donnerstag, 18. Januar 2007

Bessere Welt

50 Vorschläge für eine gerechtere Welt
Von Christian Felber, erschienen bei Deuticke

“Festgenagelt sein”

“Festgenagelt sein” Der Prozess des Bettlägrigwerdens/ Angelika Zegelin„Wer immer noch glaubt, dass die Pflegeforschung nichts bringt für die Praxis, der lese dieses Buch!“ (Prof. Dr. Ruth Schröck)

Angelika Zegelin hat in dieser wissenschaftlichen Arbeit untersucht wie sich Bettlägrigkeit entwickelt. Dabei zeigte sich, dass Bettlägrigkeit keine medizinische Zwangsläufigkeit ist und weder mit Alter noch mit Schwere einer Erkrankung in Zusammenhang gebracht werden kann. Es sind eine Verkettung unglücklicher Umstände die ein Dauerliegen herbeiführen.
Bettlägrigwerden ist ein Prozess. Die zur Bettlägrigkeit führenden Faktoren sind beeinflussbar. Bettlägrigkeit, rechtzeitig erkannt, ist vermeidbar.

Angelika Zegelin stellt mit dieser Arbeit elementares Grundlagenwissen für die Pflege zur Verfügung. Eine Pflichtlektüre für Pflegepersonen! Besonders zu empfehlen allen Pflegepersonen in der häuslichen Pflege.
Verlag Hans Huber/ ISBN: 3-356-84211-2

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